Ende des 19. Jahrhunderts erlebte Gemeinlebarn tiefgreifende Veränderungen, die das Dorf bis heute prägen. In den 1880er Jahren entstanden wichtige Einrichtungen: Die Freiwillige Feuerwehr wurde gegründet, die Eisenbahnlinie mit Haltestelle gebaut und die archäologische Forschungstätigkeit begann.
Die erste dieser Entwicklungen war jedoch die Gründung der Volksschule in Gemeinlebarn. Vor dem Bau der Schule in Gemeinlebarn mussten die Kinder den Schulweg zu Fuß nach Reidling zurücklegen. Der beschwerliche Schulweg einerseits sowie die gesetzlich erweiterte Schulpflicht andererseits machte ein eigenes Schulhaus dringend notwendig.
Im Frühjahr 1875 brachte daher der spätere Bürgermeister Josef Pilz im Gemeinderat den Antrag zum Bau eines eigenen Schulhauses ein. Damit wurde der Grundstein für die schulische Bildung in Gemeinlebarn gelegt und ein wichtiger Schritt in der Entwicklung der Ortschaft gesetzt.
Ambros Zündel wanderte um das Jahr 1875 aus Vorarlberg nach Niederösterreich aus und wurde nach Stationen als Lehrer in Traismauer und Getzers-dorf schließlich 1877 zum ersten Lehrer der neu gegründeten Volksschule in Gemeinlebarn bestellt.
Neben seiner Lehrtätigkeit war er lange Mitglied des Gemeinderates und Gründungsmitglied der Freiwilligen Feuerwehr Gemeinlebarn. Er begann außerdem mit den ersten archäologischen Untersuchungen im Rahmen des Bahnbaus von 1885. Gemeinsam mit dem Abt von Göttweig untersuchte er auch die namensgebenden Grabhügel von Gemeinlebarn.
Nach 25 Jahren in Gemeinlebarn nahm er 1902 eine Stelle als Lehrer in Obergrafendorf an, ehe er 1905 in Furth bei Göttweig verstarb. Posthum wurde seine Doktorarbeit „Talgeschichtliche Studien im unteren Traisengebiet“ im Deuticke Verlag veröffentlicht.
Am 3. Dezember 1877 zogen sie alle heran in buntem Gemisch. Es waren ihrer 70, welche in der neuen Schule Unterricht erhalten sollten. Ein Conglomerat von Schülern, nicht danach angethan, das Herz des Lehrers bei deren Anblick hoch zu schwellen. Da erschienen 13 - 14 jährige Knaben und Mädchen in herkulischer Leibesstärke und hatten es kaum über das ABC hinausgebracht, das Einmaleins noch nicht überwunden. Die „Reidlinger“ und die „Stollhofener“, sie stunden sich nun gegenüber, maßen sich nach ihrer Körpergröße, hatten von der Übermacht des Geistes keine Ahnung, fühlten nicht den geringsten Drang, sich in dem Gebiete des Wissens und Könnens gegenseitig in den Schatten zu stellen. Der geistige Wettkampf, er lag ihnen noch fern.
Obwohl im Bezirk St. Pölten der Schulanfang auf 1. April festgesetzt steht, so hatten die pflichtigen Anfänger von Gemeinlebarn in Hinblick auf die baldige Eröffnung der eigenen Schule, im Sommer 1877 die Schule in Reidling nicht besucht. Die Hilpersdorfer hatten die Schule in Stollhofen besucht und so war ein bedeutender Abstand und es kostete wohl nicht geringe Mühe, die Sache in Abteilungen zu schaffen. Dieser Übelstand war nicht sobald beseitigt, es bedurfte einer langen Zeit, bis die Grundlage eines zweckentsprechenden Klassenunterrichtes, die sorgfältige Bildung der Gruppe, geschaffen war.
Nachdem die älteren Mitglieder im Gemeinderat von Gemeinlebarn überzeugt werden konnten, wurde Baumeister Leopold Hummelberger aus Sitzenberg mit dem Bau beauftragt, der im Oktober 1877 fertiggestellt wurde. Am 3. Dezember 1877 nahmen sodann 70 Schülerinnen und Schüler den Unterricht in dem neu errichteten einklassigen Schulhaus auf. Nur 13 Jahre später war die Zahl der Schülerinnen und Schüler auf 110 gestiegen, weshalb 1891 das Schulgebäude um eine zusätzliche Klasse erweitert wurde.
Anton Linzbauer erinnert sich an die ersten Übungen in der alten Volksschule von Gemeinlebarn
Ende der 1950er-Jahre wurde der Zustand des alten Schulgebäudes im Ortsschul- und Gemeinderat zunehmend zum Thema. Besonders mit dem neuen provisorischen Schulleiter Theodor Mather kam Schwung in die Sache. Er dokumentierte den desolaten Zustand des Gebäudes Anfang 1960 auch mit Fotografien.
In der Gemeinderatssitzung vom 2. Juni 1960 wurde erstmals der Bau eines neuen Schulhauses in Erwägung gezogen – damals noch am Standort der alten Schule:
Im Zusammenhang mit der Erledigung des ersten Punktes machte Herr Gramer den Vorschlag, an Stelle umfangreicher Instandsetzungsarbeiten in der Schule ein neues Schulgebäude zu errichten, wozu Herr Fellinger seinen Garten neben dem jetzigen Schulhaus verkaufen würde. Über den Vorschlag wurde längere Zeit diskutiert.
Im August 1960 erfolgte auf das Betreiben der Gemeindeführung eine Besichtigung durch das Gebietsbauamt St. Pölten, bei der Einsturzgefahr festgestellt wurde. Der provisorische Schulleiter notierte dazu:
Als Sofortmaßnahme mußte die 1.Kl. gepölzt werden. (Holzdecke war an den Außenmauern stellenweise arg morsch ! Einsturzgefahr !).
Neben den morschen Holzbalken gab es jedoch noch einen weiteren Grund für die Einsturzgefahr: Ein Landwirt lagerte Getreide auf dem Dachboden, wofür die Decke nicht ausgelegt war. Diese übermäßige Belastung wurde allerdings verschwiegen.
Anton Bauer erzählt über die abgestützte Decke in den Klassenräumen
Anton Bauer erzählt vom Zustand der alten Schule zu Beginn der 1960er-Jahre
Der Entschluss zum Neubau Im Jahr 1961 nahmen die Planungen für einen Neubau Fahrt auf. Bereits im Sommer wurde deutlich, dass die Renovierung der alten Schule zu teuer wäre und daher ein Neubau errichtet werden musste.
Dafür wurden vier potenzielle Standorte in Erwägung gezogen:
Anton Bauer erzählt von der Wahl des Schulstandorts und den Diskussionen im Gemeinderat von Gemeinlebarn
Ein abgelegener Standort mit wenig bis keinem Verkehr, die Eigentümerschaft durch die Gemeinde und die geografische Nähe zu Hilpersdorf führten unter anderem dazu, dass man sich für den heutigen Standort entschied.
Die Gemeindräte von Gemeinlebarn und Frauendorf beschlossen daraufhin im Herbst 1961 den Neubau eines Schulgebäudes im Nordwesten von Gemeinlebarn.
Der Finanzierungsbedarf für das neue Schulhaus betrug 1,3 Millionen Schilling (heute inflationsbereinigt ca. 700.000 €). Man entschied sich zur Auflage einer „Schulbauanleihe“ – ein fix verzinstes Darlehen mit 5 Jahren Laufzeit, besichert durch die Gemeinde.
Anton Bauer erzählt von der Finanzierung des Baus der Volksschule
Ohne diesen entscheidenden Beitrag der Ortsbevölkerung von 245.000 Schilling (heute inflationsbereinigt ca. 125.000 €, 19 % des gesamten Finanzierungsbedarfs), wäre der Bau wohl nicht möglich gewesen.
| Schulbaufonds, Subvention | 380.000 Schilling |
|---|---|
| Schulbaufonds, Zinsfreies Darlehen | 380.000 Schilling |
| Schulbauanleihe 1963 | 245.000 Schilling |
| Schulbaurücklage der Volksschulgemeinde | 55.000 Schilling |
| Gemeinde Gemeinlebarn (73 % des Gemeindeanteils) | 175.200 Schilling |
| Gemeinde Frauendorf (27 % des Gemeindeanteils) | 64.800 Schilling |
| Errechneter Finanzierungsbedarf | 1.300.000 Schilling |
Im Mai 1964 wurde das Bauvorhaben von den Behörden genehmigt. Die Baumeisterarbeiten übernahm Leopold Maurer aus Traismauer, Direktor Theodor Mather führte die örtliche Bauaufsicht. Am 1. Juli 1964 begannen schließlich die Arbeiten am neuen Schulhaus – ein wichtiger Schritt für die Zukunft der Volksschule.
Hans Süss erinnert sich an einen vorzeitigen, notgedrungenen Wechsel der 2. Klasse in die neue Volksschule
Helga Riederer und Ernst Windhör berichten davon, was sich für die Kinder durch die neue Schule verändert hatte
In den letzten Tagen vor der Eröffnung gab es viele freiwillige Helfer: Herr Josef Schön, Herr Walter Czech, Herr Josef Groll, Franz Hintenberger, Bürgermeister Josef Hintenberger, die größeren Kinder der VS und ihre Lehrer. Herr Johann Hummer sorgte für die Beflaggung. Dann kam der Tag der Eröffnung, der 21. November 1965. Auf den Dächern lag etwas Schnee. Am Vormittag kam ein Sturm auf mit Regen und wieder Regen. Der Ort war bis auf ganz wenige Ausnahmen festlich beflaggt. Eine Stunde vor Beginn der Feier hörte es zu regnen auf und die Sonne kam durch die Wolken. Die Schulkinder versammelten sich mit ihren Lehrern in der alten Schule. Ebenso die Sänger und die geladenen Ehrengäste. Die Musikkapelle Heigl spielte vor der alten Schule. Manche ehemalige Schüler hatten Tränen in den Augen. Ein langer Festzug mit den 4 Schulfahnen voran, die Schulkinder, die Feuerwehr von Hilpersdorf und Gemeinlebarn, die Volkstanzgruppe der ÖVP-Jugend, die Sänger, die Musikkapelle, die Ehrengäste (an die 80!) und eine große Menge der Bevölkerung, sie alle zogen durch den Ort hinaus zur neuen Schule.
Helga Riederer und Ernst Windhör erzählen vom großen Festakt zur Eröffnung der neuen Volksschule
Hans Süss erinnert sich an das Setzen der Pappeln entlang des Sportplatzes in den 1960er-Jahren
Alois Graf erzählt von der Anfangszeit, als er gemeinsam mit seiner Frau um 1980 die Volksschule übernahm
Mit einem neuen Lehrerteam um Alois Graf begann 1980 für die Volksschule eine Zeit des Aufbruchs. Die Eltern wurden stärker eingebunden und es entstand eine lebendige Schulgemeinschaft.
Am 18. Oktober 1983 wurde der Elternverein der VS Gemeinlebarn unter dem langjährigen Obmann Georg Metze gegründet. Gemeinsam setzten sich Eltern und Schule für die Erweiterung auf vier Klassen und den Bau einer Turnhalle ein.
Durch die gestiegenen Schülerzahlen konnte die Erweiterung zur vierklassigen Volksschule nach einem Plan von Baumeister Franz Eder aus Hilpersdorf 1989 in einem ersten Bauabschnitt verwirklicht werden. Die Turnhalle musste allerdings noch warten.
Alois Graf erinnert sich an die Bemühungen um die Erweiterung der Volksschule in den 1980er-Jahren
Der Bau der Turnhalle erwies sich als langwieriger Prozess. Nachdem der Bau im Zuge der Erweiterung 1989 nicht realisiert werden konnte, machten der Elternverein kurz darauf in einem Schreiben an die Gemeinderäte der Stadtgemeinde Traismauer erneut auf die dringende Notwendigkeit eines Turnraums aufmerksam. Da der Turnunterricht in Traismauer stattfand, ging durch das Pendeln stets die Hälfte der Turnstunden verloren. Es folgten jahrelange Diskussionen und Versprechungen, doch der Bau wurde immer wieder verschoben. Erst 1999 konnte der Bau der Turnhalle schließlich beginnen. Im März 2000 wurde sie mit dem „Zirkus Morio“ feierlich eröffnet.
Alois Graf berichtet vom Bau der Turnhalle und davon, welche neuen Möglichkeiten dieser Zubau geschaffen hat
In den vergangenen 60 Jahren diente dieses Gebäude vorrangig vielen Kindern als erste Bildungsstätte. Doch darüber hinaus erfüllte es eine Vielzahl weiterer Funktionen und wurde zu einem lebendigen Zentrum des Dorfes.
Hier fanden unzählige schulische und außerschulische Veranstaltungen statt, die Menschen zusammenbrachten: Schulfeste, Tauschmärkte, Diskussionsveranstaltungen, Film- und Musikvorführungen, Musicals, die „Lustige Abendschule“ mit Paul Sieberer, archäologische Ausstellungen und Vorträge von Dr. Johannes Neugebauer, Dia-Vorträge von Herbert Datzinger, der „Zirkus Morio“, „We are Family“, sowie auch die große ortsgeschichtliche Ausstellung „Schaufenster in die Geschichte unseres Ortes“ 1985.
Maria Stiedl erzählt von Veranstaltungen und von ihren Lehrerinnen kurz nach der Eröffnung 1965
Alois Graf erzählt von vielen Veranstaltungen, die nicht nur die Schule, sondern auch den Ort zusammenbrachten
Sie bekommen hier einen Überblick über alle Änderungen, die im Laufe der Zeit auf dieser Seite gemacht wurden. Der Quellcode dieses Projekts ist öffentlich auf der Plattform Github einsehbar. Erweiterte (technische) Änderungen können so auch auf diese Weise nachvollzogen werden.
Diese Veranstaltung und dazugehörige Online-Information sind ein Projekt des Ortsarchivs Gemeinlebarn.
Datenschutz: Es werden keinerlei personenbezogene Daten erhoben!
Medieninhaber: Jakob Vesely, 3133 Gemeinlebarn, contact@jakob.fyi, www.jakob.fyi
Detailierte Versionsnummer: v1-18637281787-43-1